BGH-Urteil: Volkswagen muss Schadenersatz zahlen

BGH-Urteil: Volkswagen muss Schadenersatz zahlen

Schadenersatz von VW?

Gilbert machts möglich – Teure Niederlage für Volkswagen durch BGH-Urteil

In seinem aktuellen BGH-Urteil bestätigt der Gerichtshof die mitte letzten Jahres gegen Volkswagen ergangene Entscheidung aus Koblenz.

Bereits im Juni 2019 sprach das (OLG) Koblenz Herbert Gilbert eine Entschädigung in Höhe von 25.616 Euro plus Zinsen für seinen VW Sharan zu.

Lediglich eine Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer solle er sich anrechnen lassen.

Gegen dieses Urteil wandte sich einerseits Gilbert selbst mit dem Ziel, die Kilometeranrechnung in Wegfall geraten zu lassen. Auch VW griff das Urteil mit dem Rechtsmittel der Revision an.

BGH-Urteil bestätigt Schadenersatzanspruch

Deutliche Worte  und eine schallende Ohrfeige kassierte der Volkswagenkonzern am 25.05.2020. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat VW im Wege des Schadenersatzes zur Rücknahme eines „Schummeldiesels“ und Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt.

Volkswagen hat seine Kunden vorsätzlich sittenwidrig getäuscht

Fünf Jahre nach Bekanntwerden des VW-Dieselabgasskandals und drei Jahre nach unserem bundesweit ersten Urteil wegen des Abgasbetrugs im Januar 2017 in Hildesheim hat der BGH einen Meilenstein gesetzt: Als höchste Instanz hat der VI. Zivilsenat festgestellt, dass Volkswagen seine Kunden durch den Einbau von Abschalteinrichtungen nach § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat – und das über Jahre hinweg und strategisch geplant. Deshalb schuldet VW seinen Kunden Schadenersatz in Höhe des Bruttokaufpreises. Das gilt auch für Gebrauchtwagen und auch dann, wenn das Software-Update bereits durchgeführt wurde.

 

Das Ergebnis des Urteils kann im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:

  • VW hat bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA189 in siebenstelligen Stückzahlen Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden
  • Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren
  • Der Kunde kann gegen Rückgabe des Fahrzeugs die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen
  • Sogar Gebrauchtwagen können VW-Fahrer zurückgeben.  Das Argument des Autobauers, er könne gar nicht haftbar gemacht werden, wenn es zu dem Käufer keine Vertragsbeziehung gebe, überzeugte beim BGH nicht
  • Mit dem Software-Update am EA 189 ist der Schaden nicht behoben. Denn der Schaden ist bei Vertragsschluss über den nur angeblich umweltfreundlichen Wagen entstanden. Ein solches Fahrzeug hätte der Kunde im Nachhinein so nicht gewollt
  • VW muss sich das Handeln leitender Angestellter – auch wenn diese nicht im Vorstand sind – zurechnen lassen
  • Der Autokäufer muss für die von ihm in seiner Besitzzeit zurückgelegten Kilometer eine Nutzungsentschädigung nach der sog. Wertschwundformel zahlen, die bei der Kaufpreiserstattung verrechnet wird

Profitieren Sie vom Volkswagen BGH-Urteil

Von der heutigen Entscheidung des BGH profitieren alle Kläger, in deren Verfahren es noch kein höchstrichterliches Urteil gibt, ebenso Verbraucher, die an der Musterfeststellungsklage gegen VW teilgenommen hatten, aber das Vergleichsangebot von VW nicht akzeptiert haben. VW-Besitzer, die bis heute nichts unternommen haben, können ebenfalls noch klagen. Für sie besteht allerdings ein erhöhtes Prozessrisiko, weil einige Gerichte von Verjährung ausgehen.

 

Bei der Konzernmarke Audi betroffen sind diese Fahrzeuge der Baujahre 2009 bis 2014 mit dem Motorentyp EA189 sowie Fahrzeuge der Baujahre 2015 bis 2018 mit dem VW-Nachfolgemotor des Typs EA288 der Abgasnorm Euro 6:

  • Audi A1
  • Audi A3
  • Audi A4
  • Audi A5
  • Audi A6
  • Audi Q2
  • Audi Q3
  • Audi Q5
  • Audi TT

Allerdings sind bei Audi nicht nur Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA189 von Abgasmanipulationen betroffen.

In den Fokus der Behörden geriet auch der V6 3.0 TDI-Dieselmotor des Typs EA897 sowie der V8 4.2 TDI-Dieselmotor des Typs EA898. Auch hier entdeckte das Kraftfahrt-Bundesamt unzulässige Abschalteinrichtungen und ordnete Rückrufe für folgende Modelle an:

  • Audi A4
  • Audi A5
  • Audi A6
  • Audi A7
  • Audi A8
  • Audi Q5
  • Audi SQ5
  • Audi Q7
  • Audi SQ7

Der Lauf der dreijährigen Verjährungsfristen beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Käufer von der Tatsache „Schummel-Diesel“ erfahren hat. Bei vielen A7-Fahrzeugen wurden die Kunden bspw. erst im Herbst 2019 unterrichtet.

EuGH stärkt Verbraucherechte

Doch nicht nur der BGH sorgt im Bereich des „Dieselgates“ für Aufsehen.

Auch der EuGH äußerte sich bereits verbraucherfreundlich im Diesel-Abgasskandal von VW. Die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston gingen am 30. April 2020 jedoch noch weiter, als das aktuelle Urteil des BGH.  Experten sind sich sicher: Der „Dieselgate 2.0“ steht erst am Anfang. Jetzt könnte es für VW richtig teuer werden, denn das in neuen VW-Motoren EA 288 eingebaute sogenannte Thermofenster, eine temperaturabhängige Abgasregulierung, ist indirekt in den Schlussanträgen am EuGH als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft worden. Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren sind unzulässig – auch wenn das Abgaskontrollsystem temperaturabhängig reguliert wird, heißt es in dem Gutachten.

„Wenn das Gericht dem Gutachten folgt, fahren Millionen von Autos ohne rechtmäßige Typengenehmigung auf den deutschen Straßen“.

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