BGH stellt erste Weichen im Diesel-Abgasskandal

BGH stellt erste Weichen im Diesel-Abgasskandal

Auch unser höchstes deutsches Zivilgericht, der Bundesgerichtshof, scheint das Gepoker rund um Fragen wie „Schummelsoftware“, „manipulierte Abgaswerte“ und die daraus resultierenden Ansprüche und Rechte „betrogener“ Kunden leid zu sein.

Obgleich das Landgericht Zwickau und daran anschließend das OLG Dresden einem betroffenen Skoda Octavia-Besitzer, dessen Fahrzeug mit einem Dieselmotor Typ EA 189 ausgestattet ist, in seine vermeintlichen Schranken verwiesen hatte, so wusste der Autokonzern hier, wie in schier unzähligen Fällen zuvor und danach recht gut, dass es sinnvoll erscheint, die Durchführung des auch im Zwickauer Verfahren zugelassenen Revisionsverfahrens zu verhindern.

Denn auch hier wurde die unter dem Aktenzeichen VIII ZR 78/18 beim BGH geführte Revision zurückgenommen – wohl nach Abschluss eines Vergleiches zwischen den Parteien, in dem – wie üblich – zwischen den Parteien Stillschweigen über das „ob“ und den Inhalt des Vergleiches vereinbart wurde.

Der BGH schien es daher kaum abwarten zu können und lauerte sinnbildlich darauf, sich endlich zu dem ein oder anderen rechtlichen Problem rund um den VW-Abgasskandal einmal äußern zu können.

Nach einer erneuten Verfahrenseinstellung – diesmal zum Aktenzeichen VIII ZR 225/17 – war es dann endlich soweit. Der BGH hat einen Hinweisbeschluss veröffentlicht und damit höchstrichterliche Rechtsauffassung für ein im Abgasskandal sehr wichtiges Thema manifestiert.

Die übliche Stillschweigensabrede, so sie denn auch hier verabredet war, kam zu spät. Denn diesmal gaben die Karlsruher Richter der Öffentlichkeit eine Nachricht in Form eines Hinweisbeschlusses mit auf den Weg.

Im Verfahren um einen VW Tiguan stellte man fest, dass eine Vorrichtung zur Manipulation einer Abgasanlage ein Sachmangel ist.

Der Besitzer eines vom Skandal betroffenen Motors EA189, in dem eine illegale Abschaltvorrichtung für die Abgasreinigung installiert worden war – so wie bei 2,6 Millionen anderen Fahrzeugen auch –, hat Anspruch auf die Lieferung einer mängelfreien Sache, also auch eines Neufahrzeugs.

Der Tiguan-Fahrer hatte auf Lieferung eines mangelfreien Tiguans geklagt, dies war ihm verweigert worden. Die Richter des OLG Bamberg als Vorinstanz argumentierten in ihrer Klageabweisung dahin, der Tiguan würde seit 2015 in dieser Version nicht mehr produziert. Die Forderung nach Lieferung eines aktuellen Modells der wegen der Unmöglichkeit der Ersatzlieferung ausgeschlossen. Hier scheint das Ziel, die schon vom Landgericht Bayreuth ausgeurteilte Klageabweisung zu halten, im Vordergrund gestanden zu haben. Dem juristisch kaum vertretbaren Ergebnis hat der BGH eine klare Absage erteilt.

Der BGH stellte in seinem noch nicht veröffentlichten Hinweisbeschluss fest, dass bei Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen ist, weil die Gefahr bestehe, dass dem Fahrzeug die Betriebserlaubnis entzogen werde.

Rechtsanwalt Lars Ullmann, Rechtsanwalt im Dieselskandal: „Wäre das Verfahren nicht nach Vergleich eingestellt worden, wäre mit einer Zurückverweisung an OLG zu rechnen gewesen, vermutlich mit der deutlichen Empfehlung, die Unmöglichkeit des Tausches noch einmal zu überdenken.“

Der BGH äußert sich sehr deutlich: „Im Hinblick auf die vom Verkäufer vertraglich übernommene Beschaffungspflicht dürfte der mit einem Modellwechsel einhergehender Änderungsumfang für die Interessenslage des Verkäufers ohne Belang ein. Vielmehr dürfte es ihm um die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten gehen. Diese führe jedoch nicht zur Unmöglichkeit der Leistung“.

Rechtsanwalt Ullmann vertritt eine Vielzahl von Mandanten in Schadensersatzklagen gegen VW, Skoda und Audi und ist sich sicher, dass der Hinweisbeschluss dazu führen wird, dass noch mehr Verfahren in der 2. Instanz verglichen werden: „Es kann nach den bislang erteilten Hinweisen, die sich in dem gesamten prozessualen Verhalten der Konzerntöchter widerspiegeln, kein den Herstellern günstiges Urteil geben, sodass deren Bestrebungen, die Rechtsstreitigkeiten im Vergleichswege beizulegen, immer hartnäckiger werden.“

Rechtsanwalt Lars Ullmann steht vom Dieselskandal Betroffenen gern als juristischer Ansprechpartner für eine kostenlose Erstberatung zur Verfügung.

Lesen Sie jetzt weiter: